Wie funktioniert Kanban? Das Projektmanagement mit Kanban in 5 Schritten
Kanban hat die Devise “Start where you are”. Das heißt: Anders als z.B. bei Scrum musst du nicht alle deine Prozesse umkrempeln, um mit Kanban durchzustarten. Eigentlich brauchst du zum Start nur zwei Dinge: ein Kanban-Board mit Statusspalten und ein Work-in-Progress-Limit oder WIP.
Was es damit auf sich hat, wie du konkret mit Kanban anfängst und deine Projekte damit planst, zeige ich dir jetzt:
1. Die ersten Schritte: Kanban-Board und Statusspalten
Im ersten Schritt erstellst du dein Kanban-Board und teilst es in Spalten ein.
Ein Kanban-Board kann alles sein. Eine Pinnwand mit Stecknadeln, ein Whiteboard mit Post-its, eine Flip-Chart in deinem Meeting-Raum, eine Excel-Tabelle, ein Word-Dokument, ein digitales Kanban-Board wie bei monday, Trello und Co. oder eine Window-Color-Zeichnung an deinem Office-Fenster. Egal!
Hauptsache, dein Kanban-Board ist für alle Teammitglieder jederzeit zugänglich.
Für die Planung kannst du dir also auch einfach ein Stück Papier und einen Stift schnappen, eine Skizze machen und das Board später dorthin übertragen, wo du es haben willst.
Um deinen Workflow auf deinem Kanban-Board abzubilden, musst du erstmal deine Statusspalten definieren. Die sollten sich an deiner bisherigen Arbeitsweise orientieren. Oft reichen aber schon diese Status:
- To do (Geplant/Zu erledigen)
- In progress (In Bearbeitung)
- Done (Erledigt)
- On hold (gestoppt/verschoben/problematisch)
So kann zum Beispiel ein einfaches Kanban-Board für ein fiktives Marketing-Team aussehen (gebaut in monday):
Ein Kanban-Board mit (noch) leeren Statusspalten
Screenshot: trusted.de
Quelle: monday.com
Je nach Workflow kannst du zusätzliche Spalten einziehen, wie z.B. “In Prüfung” oder “Getestet” (z.B. für Programmierer:innen oder Kreativarbeiten) oder “in Abnahme” (für Agenturen und Kundenprozesse). Genauso einfach ist es, die Schritte deiner Sales-Pipeline als Board abzubilden.
Das ist ja das Schöne an Kanban: Du kannst praktisch jeden Workflow sauber abbilden.
Hast du dein (vorläufiges) Kanban-Board geplant? Perfekt, dann geht es an den nächsten Schritt.
Wie du dein Kanban-Board aufbaust, ist dir überlassen. Ich persönlich bin Fan von digitalen Kanban-Boards und professionellen PM-Lösungen. Das ist auch die beste Lösung für dich, wenn dein Team Remote arbeitet und keinen Zugang zu einem physischen Board hat. Weiter unten stelle ich dir meine persönlichen Lieblinge in Sachen Kanban-Tools vor. Aber jetzt erstmal weiter im Text.
2. WIP-Limit: Work in Progress sinnvoll begrenzen
Der zweite Punkt, bevor du tatsächlich mit Kanban durchstarten kannst: Du legst ein WIP-Limit fest. WIP oder “Work in Progress” definiert, wie viele Aufgaben gleichzeitig bearbeitet werden dürfen. Diese Regel hilft deinem Team dabei, fokussiert und nicht halbherzig an den Tasks zu arbeiten und Überlastung zu vermeiden.
“Multitasking” ist quasi ein Schimpfwort im Kanban-Umfeld.
Als “in Progress” gelten alle Aufgaben, die auf deinem Kanban-Board weder in der Spalte “To do” stehen (also noch nicht begonnen wurden), noch in die Spalte “Done” verschoben wurden (also noch nicht abgeschlossen sind):
Welches WIP-Limit für dein Team sinnvoll ist, kannst nur du selbst entscheiden. Das ist von mehreren Fragen abhängig:
- Wie viele Mitglieder hat dein Team?
- Wie viele Aufgaben kann jedes Teammitglied (sinnvoll und effektiv) parallel bearbeiten?
- Wie viele Status-Spalten hat dein Board und welche Status könnten schnell “vollaufen”?
Keine Sorge: Am Anfang brauchst du erstmal nur einen Schätzwert. Lege das Limit nach bestem Wissen und Gewissen fest und fahre erstmal damit. Du und dein Team werdet schnell merken, ob das Limit zu hoch oder zu niedrig angesetzt ist und könnt es dann jederzeit anpassen.
WIP ist ein Ist-Wert, kein Soll-Wert. Kanban soll dir dabei helfen, effektiver zu arbeiten; aber dein Team schon am Anfang zu überlasten, ergibt keinen Sinn. Plane die WIP so, dass ihr die Aufgaben gut händeln könnt und mache dich dann auf die Suche nach möglichen “Bottlenecks” oder anderen Störfaktoren, die eure Arbeit verzögern. Genau dafür ist Kanban gedacht; aber das geht nicht über Nacht.
Mein Tipp: Fahre die Minimalstrategie. Lege fest, dass jedes Teammitglied zu jeder Zeit immer nur eine Aufgabe bearbeiten kann (wenn du nur die Spalte “In Bearbeitung” hast), bzw. dass in jeder Spalte immer nur so viele Aufgaben liegen dürfen, wie es Teammitglieder gibt (wenn du mehr als eine “Progress”-Spalte hast). Guck dir die Ergebnisse an und steigere bei Bedarf das Limit. So kommst du schnell auf einen soliden Ist-Wert.
Beispiel: Das Marketing-Team in unserem Beispiel ist klein, es besteht aus 2 Grafik-Designern, einem Texter und einem Verantwortlichen, der gleichzeitig als Projektmanager und Stratege fungiert. Daher ist auch das WIP-Limit auf maximal 4 gleichzeitig ablaufende Aufgaben begrenzt; eine Aufgabe pro Teammitglied.
Hast du ein Limit für den Start gefunden? Super; kommuniziere das Limit auf jeden Fall auch deinem Team, wenn ihr bald mit Kanban loslegt und erkläre, was es damit auf sich hat.
Und dann hält euch im Grunde nichts mehr auf und ihr könnt loslegen!
3. Projektplanung: Aufgaben planen und verwalten
Da dein Board nun steht, kannst du anfangen, es mit Aufgaben für dich und dein Team zu füllen.
Die beste Lösung dafür ist (meiner Meinung nach) die Arbeit mit einem Backlog. Das kann eine ganz einfache Liste sein, in der du erstmal alle Aufgaben und/oder Projektanforderungen notierst und aus der du dann konkrete Aufgaben ableiten kannst.
So brichst du dein Projekt sauber in Einzelaufgaben runter und hast gleichzeitig einen zentralen Ablageort für alle deine Aufgaben:
So könnte ein Backlog mit allen Projektanforderungen und Aufgaben aussehen
Screenshot: trusted.de
Quelle: monday.com
Sind alle Aufgaben geplant, kannst du sie noch priorisieren – sofern sie nicht alle die gleiche Priorität haben und die Reihenfolge der Bearbeitung egal ist.
Ein Wort zum Thema “Aufgabenverteilung”: Grundsätzlich gilt, dass Kanban-Teams selbstorganisiert sind. Trotzdem kann es eine Hilfe sein, einzelne Aufgaben oder Aufgabenpakete einem Teammitglied zuzuweisen. Warum erkläre ich dir anhand unseres Beispiels:
In unserem Marketing-Team werden Aufgaben wie Blogbeiträge und alles, was damit zusammenhängt, dem Marketing-Texter zugewiesen; die Grafikdesigner kümmern sich um Bannerwerbung; usw. Zwar weiß dein Team selbst, wo die Verantwortlichkeiten liegen. Grade bei vielen Aufgaben im Board kann es die Übersicht aber erhöhen, wenn sie sich gezielt ihre Aufgaben herauspicken können. Das klappt in digitalen Boards per Zuweisung zum Profil; bei physischen Kanban-Boards z.B. durch unterschiedlich gefärbte Post-its.
Ist die Aufgabenplanung erledigt, legst du die ersten Aufgaben aus dem Backlog in deine “To do”-Spalte – und lässt dein Team darauf los. Ab jetzt ist es deine Aufgabe als Projektmanager, immer dafür zu sorgen, dass ausreichend Aufgaben auf dem Board sind.
Wichtig: Klatsche dein Board aber nicht mit zu vielen Aufgaben voll. Am Ende verliert dein Team die Übersicht. Und unter uns: Es ist auch nicht besonders motivierend, permanent auf 30 bis 40 offene Aufgaben zu starren. Je nach Teamgröße und Aufgabenmanagement finde ich, dass 15 bis 20 Aufgaben in der “To do”-Spalte ausreichen; ggf. sogar noch weniger.
4. Arbeitsalltag: Aufgaben bearbeiten und durch die Status-Spalten führen
Der Projektalltag mit Kanban ist dann kein Hexenwerk: Dein Team zieht sich die zugewiesenen Aufgaben aus der “To-do”-Spalte in den Status “In Bearbeitung” (“Pull-Prinzip”) und arbeitet sukzessive und kontinuierlich am Projektfortschritt.
Ein Kanban-Board im Arbeitsalltag: das Board sollte nur die aktuellen Aufgaben enthalten und nicht überladen sein
Screenshot: trusted.de
Quelle: monday.com
Klingt erstmal nach einem Selbstläufer. Als Projektmanager solltest du trotzdem regelmäßig den Stand einzelner Aufgaben prüfen und bei Problemen behilflich sein.
Spannend wirds aber eigentlich erst, wenn es zu plötzlichen und unvorhergesehen Änderungen kommt: Wenn Kund:innen neue Anforderungen stellen, eine Aufgabe wegen einer Softwarestörung nicht abgeschlossen werden kann oder der Projektplan sonst irgendwie angepasst werden muss.
Keine Panik; mit Kanban ist das kein Problem: Aufgaben kann dein Team jederzeit stoppen, neu priorisieren oder komplett neu dazunehmen und dazu das Backlog aktualisieren.
Deshalb ist eine Spalte mit dem Status “gestoppt/problematisch” nicht verkehrt. So ist für alle Teammitglieder ersichtlich, dass es mit einer Aufgabe ein Problem gibt und sie können sich auf andere Aufgaben konzentrieren - gleichzeitig verschwindet der Task aber nicht komplett aus dem Fokus. Und du als Projektmanager bekommst sofort mit, wenn es irgendwo Probleme gibt.
Es bietet sich fast immer an, eine Spalte für den Status “problematisch/gestoppt” einzubauen
Screenshot: trusted.de
Quelle: monday.com
Zusammenfassend könnte man die Arbeit mit Kanban auch mithilfe der “6 Praktiken des Kanban” erklären: